Montag, 14. September 2009
Ein Leben lang kurze Hosen tragen (2002)
In den Jahren 1962 bis 1966 entführte, missbrauchte und tötete der Metzgergehilfe Jürgen Bartsch (Tobias Schenke / als Teenager: Sebastian Urzendowsky) im Ruhrgebiet vier halbwüchsige Jungen. Bei seinem ersten Mord war er 15 Jahre alt und 19, als man ihn fasste. Bartsch fesselnde Beichte während einer Therapiesitzung 1972 in der Landesheilanstalt Eickelborn bildet den Rahmen für szenische Rückblenden, die die Morde und seinen Lebensweg nachzeichnen – eine Reise in die Abgründe einer kranken und geschundenen Seele. Bartschs kaltherzige und strenge Adoptiveltern, die unmenschlichen Erziehungsmethoden, unter denen er in einem katholischen Internat zu leiden hatte, der Moment als ihm klar wurde, dass er sich von kleinen Jungen sexuell angezogen fühlte, seine Sehnsucht niemals erwachsen zu werden – Schlüsselerlebnisse und Mosaiksteine, die den jungen Jürgen zur „Bestie von Langenberg“ machen sollten, wie die Presse ihn später titulierte.

"Ein Leben lang kurze Hosen tragen" ist ein sehr unbequemer Film, weil er die Greueltaten des jungen Jürgen Bartsch unverblümt darstellt und auch nicht davor zurückschreckt, die Distanz zum jugendlichen Kindermörder aufzugeben. Er erzählt die Taten aus seiner (verqueren) Sicht, was die Morde nicht erklärbar macht, aber sein Handeln in gewisser Weise nachvollziehbar erscheinen lässt. Umso erschütternder ist das unkonventionelle Portrait, das Kai S. Pieck nach dem Buch "Jürgen Bartsch. Opfer und Täter" von Paul Moor entwirft, weil der "Soko Köln"-Regisseur die Schilderungen fast schon dokumentatisch nachstellt, ohne emotionale Tiefe einzubringen. Stilistisch mag das beeindrucken, ist aber auch gleichzeitig das Manko des Films, der mit dieser Darstellung der unglaublichen Geschehnisse schon abstrakte Züge annimmt und damit in gewisser Weise auch am Zuschauer (und seinen emotionalen Abwehr-Mechanismen) vorbeizieht. Letztendlich geht er nicht über die Bebilderung der Erzählungen hinaus und läuft damit in gewisser Weise einfach ins Leere. Hervorzuheben sind aber die überzeugenden Leistungen von Tobias Schenke bzw Sebastian Urzendowsky.
Bewertung: 6/10 (Moviepilot Prognose 1,6)


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