Mittwoch, 14. Januar 2009
Danny Boyles 'Slumdog Millionaire'
Der "Golden Globe"-Gewinner auf Oscar-Kurs ...
Jamal (Dev Patel) sitzt gerade auf dem heissen Stuhl und eine ganze Nation schaut zu. Eine Frage trennt ihn noch vom Gewinn von 20 Millionen Rupien - ungefähr 500'000 Schweizer Franken. Doch in diesem Augenblick ertönt der Gong und die indische Version von "Wer wird Millionär?" geht für heute zu Ende. Jamal muss wohl oder übel noch einen Tag auf seine grosse Chance warten. In der Zwischenzeit wird er von der Polizei gefoltert und verhört, weil diese glaubt, dass er sich irgendwie durch die Sendung mogelt. Während diesem Verhör erzählt Jamal, wie er sich sein ganzes Leben auf diese Fernsehsendung "vorbereitet" hat ...



Danny Boyle, bisher eher bekannt für harte Kost wie "28 Day later" und "Trainspotting", liefert hier ein grandios farbenfrohes Filmereignis zwischen Drama und modernem Märchen. Er entführt den Zuschauer in eine gleichwohl vertraute TV-Welt als auch in eine völlig fremde Welt Indiens.

Zuerst einmal ist es schon befremdlich, eine Fernsehshow zu sehen, die man genau so aber in einem anderen Kontext kennt. Bei der Bühne, dem Licht und vor allem der Musik erwartet man hierzulange schon unterbewusst den Auftritt des schlacksigen Erfolgsmoderatoren Günther Jauch. Umso härter trifft der Kontrast mit Intrigen und Folter hinter den Kulissen einer Live(!)-Show, die die eigentliche Handlung im aktuellen Indien begründen.

"Slumdog Millionaire" funktioniert mit einer Geschichte auf drei Handlungsebenen. Die reelle Ebene zeigt den Jungen, wie er von der Staatsgewalt verhört und gequält wird, weil sie ihn beschuldigt sich den Sieg bei der Quizshow erschwindelt zu haben. In Rückblenden gehen sie gemeinsam die einzelnen Fragen der Show durch, um dann in Jamals Vergangenheit zu tauchen, denn jede der gestellten Fragen verbindet sich mit Ereignissen aus seiner Kindheit und Jugend. Boyle gelingt es in dieser Ebene ein ebenso faszinierendes wie grauenhaftes Bild eines Landes im Aufbruch zu zeichnen. Gleichzeitig montiert er Vergangenheit und Gegenwart derart geschickt, dass es zugleich fasziniert und emotional ergreift, wenn die Quizfragen Jamal immer wieder zu einschneidenden Ereignissen seines jungen Lebens führen.



Bei allem Elend in den indischen Slums und bei allen dramatischen Wendungen ist es vor allem ein Motiv, das sich durch den gesamten Film zieht: die große alles überstrahlende Liebe. Sie ist die wahre Motivation für Jamal - und den gesamten Film. Zugleich entpuppt sie sich aber auch als vielleicht einzige Achillesferse des Films, wenn dem Regisseur zum Ende hin die Handlung im Liebes-Kitsch fast etwas aus der Hand gleitet. Das wäre auch gar nicht einmal so schlimm, würde die Bollywood-Einlage zum Schluß nicht die gesamte Grundstimmung des Films beeinflussen.

Allerdings sollte eine einzige Szene im Abspann nicht einen großartigen Film zunichte machen können, der eine spannende Geschichte mit hervorragend fotografierten Bildern und einem intensiven Soundtrack zwischen indischem Ethno und modernem Pop erzählt. Nach dem durchschlagenden Erfolg bei den diesjährigen "Golden Globes" (Bester Film – Beste Regie - Bestes Drehbuch - Beste Filmmusik) wird das Meisterstück von Danny Boyle sicher auch bei der anstehenden "Oscar"-Verleihung eine entscheidenden Rolle spielen ...
Bewertung: 9,5/10 (... und die Bewertung wird mit jedem Sehen besser!)




Ein Kommentar auf www.vanityfair.de

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O Brother, Where Art Thou? (2000)
Mississippi zur Depressionszeit: Kettensträfling Everett Ulysses McGill (George Clooney) überredet den netten Einfaltspinsel Delmar (Tim Blake Nelson) und den hitzigen Pete (John Turturro) zur Flucht, indem er ihnen einen Goldschatz verspricht. Doch auf dem Weg in die Freiheit erwarten das schräge Trio eine Reihe noch schrägerer Abenteuer. So stellen sich ihnen unter anderem ein habgieriger Bauer, drei verführerische Sirenen, ein hinterhältiger Bibelverkäufer sowie eine KuKluxKlan-Parade in den Weg. Dennoch finden sie Zeit, bei einem blinden Radiochef eine Schallplatte aufzunehmen.

Nach den beiden Kultfilmen "Fargo" und "The Big Lebowski" liefern die beiden Coen-Brüder diese skurile Flucht ins Mississippi zur Zeit der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre. Dabei machen sie sich auf eine Odyssee wie Homer und referenzieren Preston Sturges Filmklassiker "Sullivans Reisen" aus dem Jahre 1941. Auf die Reise begibt sich - an der Seite von den Coen-Spezies wie John Turturro und John Goodman - erstmals auch George Clooney, der beweisen kann, was für ein großartiger Komiker in ihm steckt. Er führt das Essemble durch eine obskure Flucht, die immer wieder in völlig abgedrehte Begegnungen mündet. Allein das Treffen des KuKluxKlan ist das lustigste Zipfelmützen Auftreten seit den Mainzelmännchen. Bei soviel irrwitzigen Kalauern fehlt zeitweise allerdings der richtige Zug in der Geschichte, die dadurch etwas pomadig wirkt. Der schräge Südstaatencharme und der ungewöhnliche Soundtrack machen "O Brother, Where Art Thou?" trotzdem zu einem unvergesslichen Filmerlebnis.
Bewertung: 7/10 (Moviepilot Prognose 7,5)


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