Samstag, 20. Juni 2009
Neu auf DVD:
The Believer - Inside a skinhead (2001)
Danny Balint (Ryan Gosling) ist auf den ersten Blick ein einfacher Schläger, ein Skinhead. Er verprügelt wahllos Juden, predigt Hass und trägt ein T-Shirt mit Hakenkreuz-Aufdruck. Seine Intelligenz und Wortgewandtheit lassen sein Ansehen in den Reihen des Ku-Klux-Klans wachsen, dessen Mitglieder sich in familiärer Atmosphäre treffen, um in Ruhe über die faschistischen Anforderungen an eine Regierung in der heutigen Zeit zu diskutieren. Doch so überzeugend Danny seine gut durchdachten, antisemitischen Gedanken auch verbreitet, so hart er auch zuschlägt, so sehr er auch dagegen ankämpft, er kann sein Erbe nicht ablegen: Danny ist Jude. Sein Vater ist Jude. Er kennt die Tora auswendig. Mit ihr ist er groß geworden.

Mit acht Jahren Verspätung erscheint "The Believer" auch in Deutschland auf DVD, was verwundern mag, denn Regisseur Henry Bean ("Basic Instinct 2") und vor allem sein großartiger Hauptdarsteller liefern ein provokantes Stück Kino am Rande eines Meisterwerks, das von einem Juden erzählt, dessen Weg in den Faschismus führt. Ryan Gosling zeigt bereits in seiner ersten Kino-Hauptrolle seine schauspielerische Bandbreite zwischen Zerrissenheit und Fanatismus, mit der die tatsächliche Glaubwürdigkeit der gesamten Geschichte steht oder fällt. Er liefert eine grandiose Interpretation, die den Zuschauer zu seinem Verbündeten macht, egal ob er seiner angestauten Aggression freien Lauf lässt oder innerlich die ihm verhasste Religion und ihre Traditionen schützt. Neben dem Darsteller ist es allerdings auch die beklemmende Inszenierung, die den Zuschauer in seinen Bann zieht. Gefesselt verfolgt man das Geschehen, in der Ahnung im nächsten Moment könne die Gewalt tatsächlich eskalieren. Dass genau das gar nicht passiert, ist ein kleiner Wermutstropfen der Geschichte, ebenso wie das etwas unspektakuläre Ende, das die angestaute Spannung ein wenig verpuffen lässt. Da fehlt genau das Quentchen, um "The believer" wirklich zum Meisterwerk zu machen. Fragwürdig ist allerdings die Entscheidung, den Film erst jetzt zu veröffentlichen, und das mit einer FSK-18-Freigabe, obwohl sich die wirklich gezeigte Gewalt tatsächlich in Grenzen hält. Offenbar hat die deutsche Zensur immer noch ein Problem mit der eigenen faschoiden Vergangenheit.
Bewertung: 9/10


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L'Enfant - Das Kind (2005)
Der 20-jährige Bruno (Jérémie Renier) verdient sich seinen Lebensunterhalt mit Drogendeals und Gelegenheitsdiebstählen. Da konfrontiert ihn seine Freundin Sonia (Déborah François) eines Tages mit ihrem neugeborenen Sohn. Doch anstatt ab sofort den treusorgenden Vater zu geben, sieht Bruno in dem Baby das schnelle Geld und verschachert es hinter Sonias Rücken an eine Kinderhändlerbande. Ganz ohne Gewissensbisse erzählt er seiner Freundin auch noch von dem "guten Geschäft". Erst jetzt merkt Bruno, was er angerichtet hat.

Die Geschichte um einen ungewollten Jung-Vater, der den Nachwuchs lieber zu Geld macht als sich seiner Verantwortung bewusst zu werden, bietet bestimmt genug Stoff, um ein packendes Drama zu inszenieren. Warum gelingt es den Machern dann nur nicht, mehr daraus zu machen als einen zähen Film, der sich hauptsächlich im faden Realismus suhlt wo er einen wirklich spannenden Plot erzählen könnte. Stattdessen gibt es zuviel Momentaufnahmen, die zwar die Situation der Jugendlichen beschreiben, die Handlung aber unnötig ausbremsen anstatt sie voranzubringen. Erst im letzten Drittel nimmt der Film an Fahrt auf und entwickelt so etwas wie Spannung, die allerdings mit dem gutgemeinten aber unbefriedigende Ende auch schon wieder ins Leere läuft. Gerade von einem französichen Film mit Oscar-Ambitionen hätte ich doch mehr erwartet als diesen biederen und gerade einmal Arte-tauglichen Erzählstil.
Bewertung: 4/10 (Moviepilot Prognose 7,7)


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